Sprachreise auf dem Neckar
Veröffentlicht von Edda Nieber in Veranstaltung · 24 Juli 2023
Eine Bootsfahrt, die ist lustig. Das ist sie eigentlich
immer. Aber besonders lustig wird sie, wenn Deutsche und Franzosen zusammen im
Boot sitzen, ohne die jeweils andere Sprache wirklich gut zu beherrschen.
So passiert ist das während der Partnerschaftswoche der
Doppelgemeinde, als die Kanuabteilung des Turnvereins Edingen (TVE) im Rahmen
des Sportangebotes eine gemeinsame Bootstour machten. Das Angebot kam
erstaunlich gut an, freuten sich die Vorsitzenden Tanja Nieber und Alois
Danzer. Gut 20 französische Gäste waren gekommen, um gemeinsam mit den fünf
erfahrenen Paddlern in See zu stechen. Das Problem dabei: Von den Kanuten
spricht keiner wirklich gut Französisch, was gerade dann, wenn die Franzosen
vielleicht noch nie zuvor gepaddelt sind, schwierig werden kann. Doch die
anfänglichen Bedenken waren schnell über Bord geworfen, kaum dass die drei
Kanadier ablegten. Man verstand sich auch so, ganz gleich, wie gut man die
Sprachen kann oder ob man versucht, sich in einer wilden Mischung aus
Französisch, Deutsch und Englisch auszudrücken. „Man kann sich immer
verständigen“, wusste auch Celine Lauriere, die als einzige sowohl Deutsch, als
auch Französisch sprach und deren Übersetzungskünste zumindest am Anfang gerne
genutzt wurden. Sie selbst kommt zwar nicht aus Plougernau, ist aber schon
lange mit IGP Mitgliedern befreundet und immer wieder begeistert von der
lebendigen und vielseitigen Partnerschaft.
Nachdem Vorsitzende Tanja Nieber sich alle Mühe gab, ihre
Gäste auf Französisch willkommen zu heißen, und auch Alois Danzer einige Worte
sagte, wünschten sie traditionell eine gute Fahrt, immer eine handbreit Wasser
unter dem Kiel und „Bon voyage“. Beim Tragen der Großkanadier packten alle mit
an und neben den französischen Besuchern kam auch eine Edinger Gastgeberin mit.
Eigentlich wollte sie nur ihre Gastfamilie hinbringen, doch kurzerhand blieb
sie da und nahm, mit Schwimmweste und Paddel ausgestattet, im geräumigen
Kanadier Platz.
Als alle Boote den sicheren Steg verlassen hatten, merkte
man schnell, wie gut die Besatzungen harmonierten. Schnell fanden die
Paddelnden einen Takt und nahmen ordentlich Fahrt auf, insbesondere der gelbe
„Schorsch“ fuhr den anderen davon. Kapitän Alois Danzer und Steuermann Dietz
Wacker, die beide aus Edingen kommen, konnten eine Menge über den Ort und
insbesondere den Fluss erzählen. „Gut, dass Sie dabei sind“, lachte Wacker an
Lauriere gerichtet, die die Fragen der anderen Mitpaddler und die entsprechenden
Antworten übersetzte.
Weit kamen die Boote nicht, denn schon kurz nach dem Ablegen
steuerten sie erneut das Ufer an. Das lag jedoch nicht daran, dass jemand es
sich anders überlegt und doch lieber laufen wollte, sondern an der
Uferbepflanzung – genauer gesagt, an den Brombeeren. Gerade reif geworden waren
sie ein willkommener Snack und wurden gerne auch über Boote hinweg geteilt.
Nach einer kurzen Erntepause setzten sie ihre Fahrt in Richtung Wieblingen fort
und auch im zweiten Großkanadier, dem „Kappe Bäcker“, ging es nicht weniger
gesprächig zu. Mit Silke Allenberger als Kapitänin, die nicht nur für den
Paddelschlag den Takt angab, war gute Unterhaltung vorprogrammiert. Schon bald
wurden ihr erste französische Worte beigebracht, die sie stolz wiederholte.
Außerdem stimmte sie Lieder an, die die ganze Besatzung mitsingen konnte und
alle zum Lachen brachte.
Lediglich im dritten, etwas kleineren Kanadier ging es etwas
ruhiger zu. Mit vier fleißig paddelnden Jungs im Boot hatte Steuermann Armin
Tscheuschner eine Menge zu tun, aber sie schienen sich auch ohne viele Worte zu
verstehen und zu amüsieren.
Kurz hinter der Autobahnbrücke drehten die Boote um und
legten für eine kurze Verschnaufpause an. Danzer lud die Besucher auf einen
kleinen Spaziergang unter der Brücke ein und erklärte, wieso man von dort aus
zwei Gewässer sieht, den Altneckar und den Kanal. Just in dem Moment passierte
natürlich kein Schiff die Wasserstraße, aber dank Laurieres Unterstützung
konnte er auch so einige interessante Dinge erzählen.
Die Rückfahrt ging nochmal deutlich schneller als der
Hinweg, und ob es an der Strömung, der Übung oder der Hoffnung, wieder festen
Boden unter den Füßen zu haben, lag, sei mal dahingestellt. Vielleicht trieb
die Paddler auch die Sehnsucht nach frischen Getränken und Laugengebäck an, mit
dem sie am Bootshaus empfangen wurden. Kurz bevor sie ankamen, das Ziel schon
vor Augen, sorgte Steuermann Tom Nieber noch für einen kleinen Adrenalinkick,
indem er schnurstracks durch einen Baum fuhr und direkt auf einen Stein
zusteuerten, den das Boot nur knapp verfehlte.
Mit Tropfen auf der Schwimmweste und Gestrüpp im Haar
landeten dann aber doch alle wieder heil an und ließen den Mittag mit Blick auf
den Neckar gemütlich ausklingen. Es sei etwas ganz anderes, ob man den Fluss
sieht oder auf ihm fährt, fand eine Französin.
Auch ein anderer Gast, der bereits Kanuerfahrung hatte und
zuhause mit dem Kayak auf dem Meer unterwegs ist, was etwas ganz anderes ist
als auf dem ruhigen Neckar, war zufrieden und dankbar für dieses Erlebnis.
Das waren sie alle, Deutsche und Franzosen gleichermaßen.
Dieser Ausflug hat ihnen einmal mehr gezeigt, dass es viel mehr ist als bloß
die Sprache, die es braucht, um sich zu verständigen und zu verstehen. Nieber
fasste es ziemlich passend zusammen: „Das Wichtigste ist, dass man sich traut“.